Die Kündigung wegen Krankheit ist einer der Hauptanwendungsfälle der personenbedingten Kündigung. Krankheit als solche ist kein Kündigungsgrund, sondern nur dann, wenn sie zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen im Arbeitsverhältnis führt, die vom Arbeitgeber nicht mehr hinzunehmen sind.
Nach Schätzungen enden in Deutschland jährlich 400.000 Arbeitsverhältnisse aus rein gesundheitlichen Gründen. 200.000 Personen scheiden gesunheitsbedingt vorzeitig aus dem Arbeitsleben aus. Deutlich sind unter Männern wie Frauen die Arbeitsunfähigkeitszeiten angestiegen, vor allem infolge psychischer Störungen. Die Anzahl der Arbeitnehmer, die wegen psychischer Erkrankungen lange ausfällt, steigt von Jahr zu Jahr. Psychische Störungen verursachten nach einem DAK-Gesundheitsreport 2014 bereits 14,6% des Krankenstandes.
Das wirft die Frage auf, wann eine krankheitsbedingte Kündigung überhaupt sozial gerechtfertigt ist. Diese Prüfung vollzieht sich wie folgt in drei Stufen:
Besteht eine negative Gesundheitsprognose?
Ist in Zukunft mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen?
Führen die Beeinträchtigungen nach einer Interessenabwägung zu einer billigerweise nicht hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers?
Folgende Fallkonstellationen sind denkbar:
- Der Arbeitnehmer ist immer wieder für kürzere Zeit arbeitsunfähig krank. Die Fehlzeiten erreichen ein Ausmaß, das der Arbeitgeber nicht mehr hinnehmen muss (häufige Kurzerkrankung).
- Der Arbeitnehmer bleibt auf Dauer arbeitsunfähig krank, so dass eine Wiederherstellung der Arbeitsunfähigkeit auszuschließen ist (lang andauernde Krankheit).
- Die Krankheit führt zu erheblichen Leistungseinbußen beim Arbeitnehmer (krankheitsbedingte Leistungsminderung).
Bei der Vornahme der Interessenabwägung spielt die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements eine bedeutende Rolle. Die rechtliche Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ergibt sich aus dem Gesetz, § 84 Abs. 2 SGB IX. Zweck eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, durch die gemeinsame Anstrengung aller in § 84 Abs. 2 SGB IX genannten Beteiligten mit dem BEM ein Verfahren zu schaffen, das durch geeignete Gesundheitsprävention das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft sichert. Die dem Arbeitgeber auferlegten Verhaltenspflichten dienen dem Ziel, festzustellen, aufgrund welcher gesundheitichen Einschränkungen es zu den bisherigen Ausfallzeiten gekommen ist und ob Möglichkeiten bestehen, sie durch bestimmte Veränderungen künftig zu verringern, um so eine Kündigung zu vermeiden und damit möglichst frühzeitg einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen zu begegnen und die dauerhafte Fortsetzunge der Beschäftigung zu erreichen.
Zum überwiegenden Teil in der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass eine krankheitsbedingte Kündigung ohne Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements bereits sozialwidrig ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt das Unterlassen bzw. die nicht ordnungsgemäße Durchführung eines BEM durch den Arbeitgeber dazu, dass sich der Arbeitgeber in diesem Fall nicht darauf beschränken darf, im Kündigungsschutzprozess pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer bzw. es gebe keine freien Arbeitsplätze, die der erkrankte Arbeitnehmer noch aufgrund seiner Erkrankung ausfüllen könne.
Spätestens hier ist es notwendig, einen wirklich kompetenten, auf dem Gebiet des Arbeitsrechts spezialisierten und erfahrenen Fachanwalt mit der Sache zu befassen.